A. Ertragsteuern
1. Wegzug eines GmbH-Gesellschafters ins Ausland
Wer im Privatvermögen mit mindestens 1 v.H. an einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, kann bei Wegzug ins Ausland erheblichen steuerlichen Belastungen ausgesetzt sein. Der Gesellschafter muss einen fiktiven Veräußerungsgewinn versteuern im Unterschied zwischen dem Wert seiner Gesellschaftsanteile bei Wegzug und deren Anschaffungskosten, obwohl ihm keine Liquidität zufließt. Dasselbe gilt bei Schenkung oder Vererbung der Anteile, wenn der Erwerber dauerhaft im Ausland lebt.
Diese Wegzugsbesteuerung wird ab 2022 deutlich verschärft. Gegenwärtig kommt es zur Wegzugsbesteuerung, wenn der Gesellschafter vor seinem Wegzug insgesamt 10 Jahre in Deutschland gelebt hat, wobei für die Berechnung der Zehnjahresfrist auf sein ganzes bisheriges Leben abgestellt wird. Bei einem Wegzug ab 2022 treten die Folgen der Wegzugsbesteuerung ein, wenn der Gesellschafter innerhalb von 12 Jahren vor dem Wegzug insgesamt 7 Jahre in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war.
Bisher können Gesellschafter, die Staatsangehörige eines EU-Staats sind und ins EU-Ausland wegziehen, einen Antrag auf zeitlich unbefristete, zinslose Stundung der Einkommensteuer auf den fiktiven Veräußerungsgewinn stellen. Dieselbe Regelung gilt bei Wegzug in einen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), z.B. Norwegen. Bei Wegzug in einen Drittstaat besteht diese Möglichkeit nicht. Nur in Härtefällen ist ein Antrag auf Ratenzahlung über 5 Jahre möglich, regelmäßig unter Stellung einer Sicherheitsleistung.
Für den Wegzug in die Schweiz gelten besondere Vorschriften.
Künftig entfällt die bisherige Regelung in EU-/EWR-Fällen. Stattdessen wird ab 2022 die Steuer in allen Wegzugsfällen grundsätzlich sofort fällig. Der Gesellschafter kann auf Antrag aber auch in 7 gleich hohen Jahresraten bezahlen, wobei er im Regelfall eine Sicherheitsleistung stellen muss. Für Gesellschafter, die bis zum 31. Dezember 2021 weggezogen sind, gelten die alten Stundungsregelungen fort.
2. Neues zum häuslichen Arbeitszimmer
Die Finanzverwaltung hat die strengen Regeln für den Abzug der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers wegen der Corona-Pandemie für die Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2021 gelockert. Arbeitnehmer, die während der Corona-Pandemie zu Hause arbeiten, können die Kosten ihres Arbeitszimmers bereits dann in voller Höhe als Werbungskosten abziehen, wenn sie überwiegend im Homeoffice tätig sind. Ein Arbeitnehmer, der zum Beispiel während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 im Durchschnitt
3 Tage pro Woche zu Hause und 2 Tage im Büro gearbeitet hat, kann für diese Zeit die anteilige Miete für das Arbeitszimmer und andere Raumkosten vollständig abziehen. War der Arbeitnehmer überwiegend außerhalb seiner Wohnung tätig, entfällt der Vollabzug. In diesem Fall kann er einen beschränkten Abzug bis 1.250 € pro Jahr geltend machen, wenn für bestimmte Tätigkeiten, die im Arbeitszimmer erledigt werden, kein Arbeitsplatz beim Arbeitgeber zur Verfügung steht. Während der Corona-Pandemie ist diese Voraussetzung bereits dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen des Gesundheitsschutzes zu Hause arbeitet. Ein Nachweis, dass kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, z.B. durch eine schriftliche Anordnung der Heimarbeit durch den Arbeitgeber, ist nicht erforderlich.
Arbeitnehmer, die nicht über ein häusliches Arbeitszimmer verfügen, sondern z.B. im Wohnzimmer arbeiten, können 2020 und 2021 eine Pauschale von 5 € für jeden Tag, an dem sie ausschließlich zu Hause arbeiten, als Werbungskosten abziehen, höchstens jedoch 600 € pro Jahr (vgl. Hinweise April 2021 A.1.). Der Abzug der Pauschale ist auch dann möglich, wenn dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitsplatz beim Arbeitgeber zur Verfügung steht. Die Pauschale soll nur die anteiligen Raumkosten für den häuslichen Arbeitsplatz abdecken. Kosten für Arbeitsmittel, z.B. für den beruflich genutzten Laptop des Arbeitnehmers, sowie Internet- und Telefonkosten, die durch die Arbeit im Homeoffice entstehen, können zusätzlich abgezogen werden.
Der Verkauf einer Immobilie im Privatvermögen, z.B. eines Mietshauses, innerhalb von 10 Jahren seit der Anschaffung unterliegt grundsätzlich der Einkommensteuer. Ausgenommen von der Besteuerung ist jedoch der Verkauf einer Immobilie, die vom Eigentümer zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Dies gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung allerdings nicht für ein beruflich genutztes Arbeitszimmer in der selbstgenutzten Wohnung. Der Teil des Veräußerungsgewinns, der auf das Arbeitszimmer entfällt, muss bisher versteuert werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun der Finanzverwaltung widersprochen. Auch das häusliche Arbeitszimmer eines Arbeitnehmers werde zu eigenen Wohnzwecken genutzt; der Veräußerungsgewinn sei damit nicht steuerbar. Ob die Finanzverwaltung dem BFH folgt, ist noch offen.
3. Verkauf eines Grundstücks nach Schenkung an Kinder
Damit die Besteuerung der Veräußerungsgewinne aus Grundstücken im Privatvermögen nicht durch eine Schenkung unter Angehörigen umgangen werden kann, wird die beschenkte Person so behandelt, als hätte sie das geschenkte Grundstück selbst angeschafft. Bei Verkauf innerhalb von 10 Jahren seit der Anschaffung durch den Schenker muss der Beschenkte den Veräußerungsgewinn versteuern.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte kürzlich über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Mutter für ein im Vorjahr erworbenes Grundstück ein gutes Kaufangebot erhielt. Sie schenkte das Grundstück ihren erwachsenen Kindern, die es am selben Tag zu dem von der Mutter ausgehandelten Preis an den Interessenten verkauften. Zwar blieb aufgrund der oben genannten Regelung der Gewinn nicht steuerfrei. Da er sich auf beide Kinder verteilte und die Kinder aufgrund ihres geringeren Einkommens einem niedrigeren Steuersatz unterlagen, ergab sich aber dennoch eine Steuerersparnis von über 15.000 €. Das Finanzamt ging von einer unangemessenen Gestaltung aus und erfasste den Gewinn bei der Mutter. Laut BFH muss das Finanzamt die Gestaltung jedoch anerkennen. Zwar hätte die Mutter das Ziel der Vermögensverlagerung auf die Kinder auch erreichen können, wenn sie das Grundstück selbst verkauft und einen Teil des Erlöses ihren Kindern geschenkt hätte. Dies hätte jedoch zu einer höheren Steuerbelastung geführt. Die Absicht, Steuern zu sparen, macht eine Gestaltung aber noch nicht unangemessen. Das gilt selbst dann, wenn Schenkung und Verkauf noch am selben Tag stattfinden.
4. Ausnahme von der Dienstwagenbesteuerung
Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Dienstwagen auch zur Privatnutzung, ist der geldwerte Vorteil in der Regel steuer- und sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof (BFH) zur Überlassung eines Feuerwehreinsatzfahrzeugs an den Leiter einer städtischen Feuerwehr entschieden, dass kein geldwerter Vorteil als Arbeitslohn zu versteuern ist, da die Überlassung im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgte. Der Leiter der Feuerwehr sollte unabhängig davon, ob er privat oder dienstlich unterwegs ist, im Falle eines Einsatzes möglichst schnell an den Einsatzort kommen können, ohne erst zur Feuerwache fahren müssen, um das Einsatzfahrzeug zu holen. Das Urteil des BFH ist auf andere Berufsgruppen übertragbar, die einen vergleichbaren Bereitschaftsdienst leisten, z.B. angestellte Notärzte oder Monteure eines Aufzugherstellers im Notdienst.
5. Nacherklärung von Kapitalerträgen
Kapitalerträge im Privatvermögen werden grundsätzlich mit dem Einkommensteuersondertarif von 25 v.H. besteuert. Die Bank, die das Depot des Anlegers verwaltet, muss 25 v.H. Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag von den Kapitalerträgen einbehalten und an das Finanzamt abführen. Die Steuerpflicht des Anlegers ist mit dem Einbehalt dieser Abgeltungsteuer grundsätzlich erledigt. Die Kapitalerträge müssen dem Finanzamt nicht erklärt werden.
Privatanleger mit einem persönlichen Steuersatz unter 25 v.H., z.B. wegen Verlusten aus anderen Einkunftsquellen, haben allerdings die Möglichkeit, die Kapitalerträge in ihrer Steuererklärung anzugeben. Das Finanzamt rechnet die erklärten Kapitalerträge mit den anderen Einkünften des Anlegers zusammen, setzt die Einkommensteuer fest und erstattet die zu viel einbehaltene Kapitalertragsteuer. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass eine nachträgliche Erklärung von Kapitalerträgen nach Erhalt des Steuerbescheids mit dem Ziel einer Kapitalertragsteuererstattung grundsätzlich nicht zulässig ist. Im Fall des BFH hatte ein Privatanleger 9 Monate nach Erhalt des Einkommensteuerbescheids Kapitalerträge aus dem In- und Ausland nacherklärt. Nach Abzug der Kapitalertragsteuer und der im Ausland einbehaltenen Quellensteuern hätte sich eine Steuererstattung ergeben. Nach Ansicht des BFH hat das Finanzamt die Erstattung zu Recht verweigert. Werden Kapitalerträge nicht in der ursprünglichen Einkommensteuererklärung angegeben, kann eine Erstattung nach Erhalt des Einkommensteuerbescheids in der Regel nicht mehr erreicht werden.
B. Sonstiges
1. Verfassungswidrigkeit der Steuerzinsen
Steuernachzahlungen und Steuererstattungen werden ab dem 16. Monat nach Ablauf des Kalenderjahres, für das der Steuerbescheid ergeht, verzinst. Beispielsweise müssen Steuernachzahlungen für das Jahr 2018 ab 1. April 2020 verzinst werden. Wegen der verlängerten Steuererklärungsfristen für 2019 und 2020 beginnt die Verzinsung für 2019 erst ein halbes Jahr später am 1. Oktober 2021 und für 2020 drei Monate später am 1. Juli 2022.
Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase ist die Höhe des Zinssatzes von monatlich 0,5 v.H. = jährlich
6 v.H. seit Längerem umstritten. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat nun entschieden, dass dieser Zinssatz seit 2014 nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der Gesetzgeber ist aber für Verzinsungszeiträume bis Ende 2018 nicht zu einer rückwirkenden Zinssenkung verpflichtet, weil er bis dahin aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs von der Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausgehen durfte. Für Verzinsungszeiträume ab 2019 muss jedoch bis zum 31. Juli 2022 eine Neuregelung getroffen werden. Einen bestimmten Zinssatz hat das BVerfG nicht vorgegeben, doch soll er sich gleichermaßen an dem üblichen Zins für Firmenkredite und an dem erzielbaren Zins für risikoarme Kapitalanlagen orientieren und müsste daher wesentlich niedriger sein als bisher.
Für die Steuerzahler besteht im Regelfall kein Handlungsbedarf. Steuerbescheide, in denen für Zeiträume nach 2018 zu hohe Nachzahlungszinsen festgesetzt wurden, werden korrigiert, sobald eine gesetzliche Regelung vorliegt. Zu hohe Erstattungszinsen müssen hingegen nicht zurückbezahlt werden.
Neue Steuerbescheide enthalten zunächst keine Nachzahlungs- oder Erstattungszinsen für Zeiträume
ab 2019. Steht der neue Zinssatz fest, werden die Zinsen nachträglich festgesetzt. Nach Ansicht der Finanzverwaltung gilt das Urteil nicht für andere Zinsen, z.B. auf gestundete oder hinterzogene Steuern. Es ist damit zu rechnen, dass die Finanzämter in diesen Fällen weiterhin Zinsen mit 0,5 v.H. pro Monat festsetzen.
2. Reform des Transparenzregisters
Beim Bundesanzeiger-Verlag wird seit 2017 ein elektronisches Verzeichnis geführt, in dem die wirtschaftlich Berechtigten von Kapitalgesellschaften, rechtsfähigen Vereinen, Offenen Handelsgesellschaften (OHG), Kommanditgesellschaften (KG) und Partnerschaftsgesellschaften öffentlich eingesehen werden können. Wirtschaftlich Berechtigte sind die natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die Gesellschaft steht, z.B. alle Partner einer Partnerschaftsgesellschaft, aber auch Personen, auf deren Veranlassung eine Geschäftsbeziehung begründet wird, z.B. ein Treugeber, in dessen Auftrag ein Treuhänder an einer Gesellschaft beteiligt ist. Bei der GmbH gelten als wirtschaftlich Berechtigte Gesellschafter mit über 25 v.H. der Kapitalanteile oder über 25 v.H. der Stimmrechte. Erfüllt kein Gesellschafter diese Voraussetzungen, gilt der GmbH-Geschäftsführer als wirtschaftlich Berechtigter. Eingetragen werden müssen folgende Angaben: Vor- und Nachname, Geburtsdatum, alle Staatsangehörigkeiten, Wohnort sowie Art und Umfang der wirtschaftlichen Berechtigung. Meldepflichtig ist die Gesellschaft.
Gesellschaften, deren wirtschaftlich Berechtigte schon in einem anderen öffentlichen Register elektronisch abgerufen werden können, mussten bisher nicht an das Transparenzregister melden, z.B. Kapitalgesellschaften sowie OHG und KG wegen Eintragung im Handelsregister, Partnerschaftsgesellschaften wegen Eintragung im Partnerschaftsregister und Vereine wegen Eintragung im Vereinsregister. Meldepflichtig waren bisher nur Gesellschaften mit Treuhändern als Gesellschafter und Gesellschaften, deren Angaben im Handels- oder Partnerschaftsregister nicht vollständig waren, z.B. bei fehlendem Geburtsdatum der GmbH-Gesellschafter oder fehlender Gesellschafterliste.
Seit 2. August 2021 ist das Transparenzregister ein Vollregister, d.h. alle Gesellschaften sind auch bei vollständiger Eintragung in einem anderen öffentlichen Register meldepflichtig mit Übergangsfristen bis 31. März 2022 für Aktiengesellschaften, bis 30. Juni 2022 für GmbH und Partnerschaftsgesellschaften und bis 31. Dezember 2022 für OHG und KG. Im Vereinsregister eingetragene Vereine bleiben von der Meldepflicht befreit.
Besondere Vorsicht ist bei Gesellschaften geboten, die Coronahilfen erhalten haben. Ist die Eintragung im Transparenzregister bis zur Schlussabrechnung über die Coronahilfen nicht erfolgt, besteht die Gefahr, dass alle Hilfen zurückbezahlt werden müssen.
Werden die Meldepflichten fahrlässig verletzt, droht ein Bußgeld bis 100.000 €. Bei wiederholten Verstößen kann ein Bußgeld bis zu 1 Mio € festgesetzt werden. Außerdem veröffentlicht das Bundesverwaltungsamt als Aufsichtsbehörde des Transparenzregisters Verstöße 5 Jahre lang auf seiner Website.
3. Finanzierung einer Fortbildungsmaßnahme durch den Arbeitgeber
Im Interesse einer höheren Qualifikation ihrer Mitarbeiter finanzieren viele Arbeitgeber Lehrgänge und andere Fortbildungsmaßnahmen für einzelne Arbeitnehmer. Da eine Höherqualifikation die geförderten Arbeitnehmer auch auf dem Arbeitsmarkt interessanter macht, ist die Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel üblich, die den Arbeitnehmer verpflichtet, bei zeitnahem Ausscheiden nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme einen Teil der vom Arbeitgeber übernommenen Kosten zurückzuzahlen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind solche Rückzahlungsklauseln grundsätzlich zulässig, wenn sie für einen im Verhältnis zur Dauer der Fortbildungsmaßnahme angemessenen Zeitraum gelten.
Darüber hinaus muss der zurückzuzahlende Betrag mit jedem Monat, den der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber verbleibt, bis zum Ende des Bindungszeitraums linear sinken, z.B. Rückzahlung von 1/3 der Kosten bei Ausscheiden des Arbeitnehmers nach 2/3 des vereinbarten Zeitraums. Die Vereinbarung ist insgesamt unwirksam, wenn sie nicht ausdrücklich vorsieht, dass keine Rückzahlung erfolgt, falls der Arbeitnehmer die Gründe für sein vorzeitiges Ausscheiden nicht zu vertreten hat. Hierunter fallen nicht nur Gründe, die im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers liegen, sondern auch Umstände, an denen weder den Arbeitgeber noch den Arbeitnehmer eine Schuld trifft, z.B. wenn der Arbeitnehmer berufsunfähig wird.
4. Steuerliche Erleichterungen für Flutopfer
Wegen der Flutschäden im Juli haben die betroffenen Bundesländer auf steuerliche Hilfsmaßnahmen hingewiesen, durch die unbillige Härten vermieden werden sollen:
Unmittelbar und nicht unerheblich Geschädigte können bei Antragstellung bis Ende Oktober 2021 für fällige Steuern zinslose Stundung bis zum 31. Januar 2022 erhalten. Darüber hinaus soll für bis Ende Oktober 2021 fällige Steuern bis zum 31. Januar 2022 von Pfändungen und Zwangsversteigerungen abgesehen werden. Im Zeitraum 1. Juli 2021 bis 31. Januar 2022 entstandene Säumniszuschläge sind den Betroffenen zu erlassen. Auch die Vorauszahlungen auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer werden auf Antrag herabgesetzt. Die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021 wird auf Antrag ganz oder teilweise erstattet. Als Nachweis für Spenden, die bis zum 31. Oktober 2021 auf ein Flutkatastrophen-Sonderkonto überwiesen werden, genügt der Kontoauszug oder eine andere Buchungsbestätigung der Bank.
Schenkungen, die bis zum 31. Oktober 2021 direkt an Betroffene zur Behebung der Unwetterschäden geleistet werden, sind von der Schenkungsteuer befreit.
Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an flutgeschädigte Arbeitnehmer können ohne Höchstbetrag lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei bleiben. Arbeitnehmer, die auf einen Teil ihres Arbeitslohns verzichten zugunsten flutgeschädigter Kollegen oder zugunsten eines Spenden-Sonderkontos, müssen diesen weitergeleiteten Teil ihres Lohns nicht versteuern.
Unternehmen, deren Buchführungsunterlagen oder sonstige Aufzeichnungen durch die Flut vernichtet wurden, sollen den Verlust zeitnah dokumentieren und soweit möglich nachweisen. In diesem Fall dürfen die Finanzämter aus dem Fehlen der Unterlagen keine steuerlich nachteiligen Folgerungen ziehen. Aufwendungen für die Wiederherstellung vermieteter Immobilien, beschädigter Betriebsgebäude oder beweglichen Anlagevermögens werden ohne nähere Prüfung als sofort abzugsfähiger Erhaltungsaufwand anerkannt, wenn mit der Maßnahme innerhalb von drei Jahren nach der Flut begonnen wird. Auf Antrag kann der Aufwand auf bis zu fünf Jahre verteilt werden.
Soweit es sich bei den Kosten für den Wiederaufbau ganz oder teilweise zerstörter Gebäude nicht um Erhaltungsaufwand handelt, können auf Antrag in den ersten drei Jahren ab Fertigstellung Sonderabschreibungen von insgesamt bis zu 30 v.H. der Wiederherstellungskosten vorgenommen werden. Bei beweglichem Anlagevermögen sind Sonderabschreibungen bis 50 v.H. möglich. Die Sonderabschreibungen dürfen pro Jahr bis 200.000 € und insgesamt bis 600.000 € betragen.
Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung und für die Schadensbeseitigung am Eigenheim können als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Das Finanzamt darf den Abzug nicht mit dem Hinweis verweigern, dass man sich gegen den Schaden hätte versichern können. Umsatzsteuer: Sachspenden für den speziellen Bedarf von Flutopfern, z.B. Pumpen, Maschinen, Kleidung, Geschirr und Lebensmittel, werden vom 15. Juli bis zum 31. Oktober 2021 nicht als unentgeltliche Wertabgabe besteuert. Auch Betreiber von Hotels und Vermieter von Ferienwohnungen, die Helfern oder obdachlos gewordenen Flutopfern kostenlos Zimmer zur Verfügung stellen, müssen bis Ende 2021 weder eine unentgeltliche Wertabgabe versteuern noch ihren Vorsteuerabzug berichtigen. Entsprechendes gilt bis Ende Oktober 2021 auch für die unentgeltliche Überlassung von Baufahrzeugen oder anderem Gerät zur Bewältigung der Flutkatastrophe, die unentgeltliche Durchführung von Aufräumarbeiten oder die Gestellung von Personal für diese Zwecke.
Grundsteuer: Geht bei betrieblich genutzten oder vermieteten Grundstücken der Ertrag aufgrund der Flutkatastrophe um mehr als 50 v.H. zurück, erlässt die Gemeinde je nach Ausmaß der Ertragsminderung auf Antrag 25 oder 50 v.H. der Steuer.
Stand: Oktober 2021
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